"Und wenn du dich einmal darüber hinweggetröstet hast (man tröstet sich immer), wirst du froh sein, mich gekannt zu haben. Du wirst immer mein Freund sein. Du wirst Lust bekommen, mit mir zu lachen. Und manchmal wirst du dein Fenster öffnen, einfach so, zum Spaß ... Und deine Freunde werden sich wundern, dass du zum Himmel hinaufschaust und lachst. Dann wirst du ihnen sagen: 'Ja, die Sterne, die bringen mich immer zum Lachen!' Und sie werden glauben du bist verrückt. Damit spiele ich dir einen üblen Streich."
Und er lachte wieder.
Ein Motorschaden hat den Flugzeugpiloten gezwungen, in der Sahara
notzulanden - weit und breit kein Brunnen, kein Mensch. Doch da
bekommt der einsame Mann in der Wüste unerwartet Besuch von
einem anderen Stern: dem kleinen Prinzen. Er ist auf dem winzigen Asteroiden B 612 zu Hause, wo die Rose mit den
vier Dornen blüht und zwei Vulkane zum Aufwärmen des Frühstücks
dienen. Als er dem notgelandeten Piloten begegnet, hat der kleine
Prinz schon seine sechs Nachbar-Asteroiden besucht und auch mit
der Erde und ihren Lebewesen bemerkenswerte Erfahrungen gemacht. Wie hatte der kleine Fuchs, den er zum Freund gewonnen hatte, noch
gesagt? "Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist
für die Augen unsichtbar." Und so verwandeln sich jetzt viele
Dinge für den kleinen Prinzen und den Piloten, dem er davon
erzählt ...
Einem jeden sollte dieses Märchen etwas sagen, ob im Französischunterricht durchgenommen oder in jungen Jahren von der Mutter vorgelesen bekommen. Bei mir trifft letzteres zu, aber das ist nun schon so viele Jahre her, dass rein gar nichts mehr in meinen Erinnerungen haften geblieben ist, einzig an die offene und geschlossene Schlange konnte ich mich dunkel erinnern. Dementsprechend gespannt war ich darauf, wieder einmal ein Märchen zu lesen, dass ich als Kind so sehr geliebt habe.
Und wie das so ist, bei Geschichten die man über einen langen Zeitraum nicht gelesen hat, so kamen mit jedem Satz Erinnerungen auf. Gerüche, Worte, Bilder ... Jede einzelne Szene habe ich widererkannt und mich gefragt, wie ich sie nur hatte vergessen können. Allen voran bei dem bekanntest Zitat des Werkes, den Worten des Fuchses ...
Und nun mein Geheimnis: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. (S. 72)
Aber natürlich ist
Der kleine Prinz mehr, als nur ein Kinderbuch. Vielmehr ist es eine genial angelegte Satire der Gesellschaft, die sowohl auf damals als auch auf heute zutrifft. Denn auf seiner Erkundung des Weltalls trifft der kleine Prinz eine Reihe von Gestalten, die deutlich für verschieden gut verpackte Stereotypen im alltäglichen Leben stehen. Hier seien zum Beispiel der Alkoholiker zu nennen, der trinkt, um seine Abhängigkeit zu vergessen und der Geschäftsmann, dem, seinen eigenen Worten nach, die Sterne gehören. Außerdem ist mir der Kartograph, nicht aus dem Kopf gegangen. Er schreibt an einem Wälzer, in dem aber, zum Kummer des Prinzen, die wirklich bedeutenden Dinge des Lebens nicht erwähnt werden.
Die Begegnungen des kleinen Prinzen mit diesen Gestalten ließen mich zuerst schmunzeln, erscheint einem deren Verhalten doch so engstirnig. Nach Beendigung des Werkes, wenn das Gelesene noch einmal reflektiert wird, dürfte dem einen oder anderen aber der Gedanke kommen, dass diese Szenen ein wenig mehr als nur unterhaltsam sind. Die sechs Erwachsenen, denen der kleine Prinz begegnet, sind stehen geblieben - sie sind nicht mehr in der Lage sich weiterzuentwickeln und haben sich auf ihre "Rollen" versteift. Jegliches Interesse an neuen Erfahrungen und Veränderungen ist ihnen abhanden gekommen. Der kleine Prinz, so voll von Entdeckerlust kann das Verhalten dieser Erwachsenen nicht nachvollziehen und zieht jedes Mal schnell wieder weiter, was ich, genauer betrachtet auch gut verstehen kann.
Während des gesamten Romans führt Saint-Exupéry seinen Leser mit einem oberflächlich betrachtet leicht zu lesenden Stil durch die Handlung. Aber auch hier fällt bei genauerer Betrachtung die eigentlich Tiefe auf - die durchgehend poetischen Zeilen stecken voll von den Gefühlen der agierenden Figuren, ohne dabei überladen zu wirken. Gleichzeitig zeigt der Autor die Fehler der Figuren auf, hält aber auch einem jeden Leser einen Spiegel vor. Hierbei gelingt es ihm erstaunlicherweise, dabei in keiner Weise moralisch oder belehrend zu wirken.
Saint-Exupéry ist hiermit ein kleines Meisterwerk gelungen, dass sowohl für ausschweifende Analysen im Unterricht, als auch für Gute Nacht Geschichten kleiner Kinder bestens geeignet ist. In meinen Augen ist
Der kleine Prinz ein wundervolles Plädoyer an die Menschlichkeit eines jeden und eine Hommage an Liebe und Freundschaft. Neun
Triads dafür.