ZweiUndDieselbe.

Freitag, August 24

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Es gibt Wörter.
Wörter, an die ich mich nicht erinnere.
Keine schwierigen Wörter,
die man nicht zu kennen braucht.
Sondern einfache.
Springen. Heiß. Apfel.
Zeit.
Ich schlage die Wörter nach, damit ich sie nie mehr vergesse.
Wo sind die ganzen Wörter geblieben,
die Wörter, die ich früher im Kopf hatte?

Körperlich unversehrt, aber ohne Erinnerung erwacht Jenna aus dem Koma. Verzweifelt versucht sie herauszufinden, wer sie einmal war. Denn der Mensch, als den ihre Eltern sie beschreiben, bleibt ihr fremd. Die Wahrheit, der sie schließlich Stück für Stück auf die Spur kommt, ist ungeheuerlich: Jenna hatte einen furchtbaren Unfall  und ihre Eltern haben alles medizinisch mögliche getan, um sie am Leben zu erhalten. Doch was von ihr übrig war, waren nicht mehr als zehn Prozent ihres Gehirns. Wie viel Persönlichkeit steckt in diesen zehn Prozent? Wie viel davon ist Jenna?

(Zitate: Seite 13 und Klappentext | Cover: goodreads.com)

Nachdem mich Ein Tag ohne Zufall begeisterte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Pearsons zweiter Roman den Weg in mein Bücherregal und somit in meine Hände finden würde. So niedrig meine Erwartungen bei der damaligen Lektüre waren, so hoch waren sie bei ZweiundDieselbe - immerhin versprechen sowohl Handlung als auch Erfahrungen ein einzigartiges Leseerlebnis. Überrascht wurde ich in jedem Fall.

Schon der Anfang ist schwer zu greifen, verwirrend und auf eine beunruhigende Art aufwühlend. Jenna ist gerade erst erwacht und erkennt nicht einmal ihre eigenen Eltern wieder - von ihr selbst einmal ganz zu schweigen. In ihrem Kopf herrscht eisige Schwärze und immer deutlicher wird ihr klar, dass irgendetwas gehörig falsch läuft. An ihren Fingern ist etwas ganz eigenartiges zu beobachten und auch ihr Gang zeugt davon, dass irgendetwas nicht so ist, wie es sein sollte. Auch das mysteriöse Verhalten ihrer Eltern unterstützt diese Annahmen sowohl bei Jenna als auch beim Leser, der ohne es zu merken, Spekulationen in die verrückttesten Richtungen anstellt ...

Allerdings wird schon im Klappentext eine der wichtigsten Informationen verraten - bis auf 10% ihres Gehirns ist nach dem Unfall nichts mehr von der "alten" Jenna geblieben. Woraus die "neue" Jenna besteht ist also recht schnell zu erraten, nachdem einige Hintergründe der Eltern beleuchtet wurden. So kommt es leider, dass man als Leser bereits vor Jenna versteht, was mit ihr passiert ist und das ewige "Was stimmt nicht mit mir?" in ihren Gedanken gehörig auf die Nerven geht. Auch, wenn die kindlichen und nicht ganz ausgereiften Gedankengänge zu Jenna gehören, die immerhin alles wieder neu lernen muss, hätten einige Stellen gekürzt oder ganz weggelassen werden können.

Bereits nach wenigen Seiten hat sich bei mir der Verdacht erwecken lassen, dass ZweiundDieselbe in ferner Zukunft spielt. Immer wieder werden wichtige historische Ereignisse und Persönlichkeiten erwähnt, die mir völlig unbekannt waren und außerdem werden wissenschaftliche Fortschritte vage angedeutet, die es in der heutigen Zeit einfach noch nicht gibt. Es ist faszinierend zu verfolgen, wie nach und nach immer mehr Details über die Veränderungen der Gesellschaft und Wissenschaft preisgegeben werden. Dabei kommen einige erschütternde Dinge ans Licht, die dazu führen, das man sich als Leser in einer ethischen Zwickmühle wiederfindet, die der Jennas nicht unähnlich ist.

Hierbei lag meiner Meinung nach einer der Höhepunkte des Romans - wie weit darf die Wissenschaft gehen um ein Menschenleben zu retten? Wie viel muss vom menschlichen Körper noch übrig sein, um solche Eingriffe zu erlauben? Und vor allem: Ist es überhaupt richtig, jemanden mit diesen Mitteln vor dem Tod zu bewahren? So interessant Diskussionen über dieses Thema wären, so wenig Hintergrundinformationen bekommt man, um ebendiese auf das Buch beziehen zu können. Nahezu gar nichts wird über irgendwelche Zusammenhänge verraten.

Alles in allem ist ZweiundDieselbe ein gelungener Roman über ein Mädchen, das sich in einem ethischen Streit über die Wissenschaft wiederfindet. Der atmosphärische Stil der Autorin und die außergewöhnliche Handlung lassen an den Seiten kleben, allerdings hätten ein paar Hintergrundinformationen mehr und weniger vorweggenommenen Details im Klappentext zu einem noch besseren Leseerlebnis geführt. Ich freue mich schon auf den zweiten Band NieundEwig der Ende diesen Monats erscheinen wird und vergebe sieben Triads an ZweiundDieselbe.

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