Scherbenmond.

Donnerstag, März 15

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Achtung! Spoiler-Gefahr, da es sich um den zweiten Teil einer Reihe handelt! Hier geht es zum ersten Band

Ich bin wie die See. Ich werde mich über dich erheben und dich umfangen, wenn alle Brücken zerstört sind. Komm zu mir, in die Welt des Wassers. Hier ist niemand außer uns. Wir werden uns ganz nah sein und selbst in deinen tiefsten Träumen werde ich dich niemals loslassen.

Längst ist der Sommer vergangen, der Elisabeth Sturm die Augen öffnete, für die gefährliche Welt der Mahre, der Sommer in dem sie sich in einen von ihnen verliebte. Seit Monaten ist Colin nun verschwunden und Ellie quält sich durch einen nicht enden wollenden Winter. Die Tage tröpfeln gleichförmig vor sich hin, in den Nächten dagegen wird Ellie von Albträumen heimgesucht, die sie verstört zurücklassen. Um auf andere Gedanken zu kommen, quartiert Ellie sich bei ihrem Bruder in Hamburg ein. Doch sie erkennt Paul kaum wieder: Er wirkt erschöpft und gehetzt und scheint etwas vor ihr zu verbergen. Je mehr sie in Pauls Welt eintaucht, desto deutlicher überkomm Ellie ein Gefühl der Bedrohung und plötzlich weiß sie nicht mehr, wem sie trauen kann. Sie ahnt nicht, dass ihre Sorge um Paul und ihre Liebe zu Colin sie tiefer verletzen können als der abgründigste Traum ...

Nach meiner mäßigen Begeisterung zu Splitterherz habe ich mir von Scherbenmond ehrlich gesagt nicht viel mehr erwartet und war umso überraschter, als ich fest stellen musste, dass es mir total gut gefallen hat - zumindest auf den ersten hundertfünfzig Seiten. Der Stil war angenehm zu lesen, Ellie hat fast gar nicht genervt, Tilmann und Paul sind mir richtig sympathisch geworden und auch der geniale Humor hat mich mehr als einmal zum lachen gebracht. Kaum ist Colin allerdings aufgetaucht war ich alle paar Seiten kurz davor das Buch an die Wand zu schmeißen. Kitsch. Langweilige Phrasen. Sich endlose ziehende Handlungsstränge.

Ellie ist mir noch viel mehr auf den Geist als im voran gegangenen Teil. Sie ist einfach nur unverschämt: Ihr Bruder lässt sie bei sich wohnen, was sie für selbstverständlich hält, ihrer Mutter gegenüber verhält sie sich durchgängig ziemlich kühl, fast sogar herablassend und von allen Leuten erwartet sie nur, ohne ihnen etwas zurückzugeben. Ihre irrwitzigen Gefühls- bzw. Gemütsschwankungen konnte ich in den meisten Fällen nicht nachvollziehen. Warum ist sie in einem Moment überschwänglich, um dann nur wenige Zeilen später alle Leute um sich herum vor den Kopf zu stoßen? Ihren unreifen Handlungen nach, hätte sie genausogut dreizehn oder vierzehn sein können.

Stellenweise habe ich mich außerdem gefragt, wo Ellies anfängliche Sorge um ihren verschwundenen Vater geblieben ist. Auf den letzten hundert Seiten denkt sie vielleicht in einem Nebensatz an ihn und selbst das wirkt völlig gleichgültig. Irgendwie eigenartig, oder?

Was mir aber mit der größte Dorn im Auge war, ist das allgemeine Verhalten gegenüber Pauls Homosexualität, von der Ellie erst erfährt, als sie ihn nach Jahren wieder sieht. Und wie sieht ihre Reaktion aus? "Oh mein Gott, mein Bruder ist nicht schwul. Das darf ... das kann nicht sein!" So oder ähnlich reagiert sie. Ich verstehe zwar, was sie eigentlich damit meinte, nämlich, dass Paul nur der Illusion unterliegt, schwul zu sein und es eigentlich nicht ist, aber diese Ausdrucksweise und die Abwertung seitens Ellie fand ich mehr als nur unangebracht. Die größte Frechheit hierbei war natürlich, dass mehrfach betont wird, dass Ellie nichts gegen Schwule hätte, sich aber nicht über Pauls Partner sondern über seine Sexualität aufregt und dabei einige ziemlich unverschämte Dinge von sich gibt.

Kurz gesagt war es trotz des so viel versprechendem Anfangs ein großer Reinfall, bei dem ich Ellie stellenweise gerne den 700-seitigen Wälzer an den Kopf geworfen hätte. Drei Triads.

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